Gutes Hören kann man verlernen. Dies betrifft vor allem jene Menschen, die zu lange nichts gegen ihre Hörschwäche unternehmen. Im Schnitt vergehen etwa sieben Jahre, bis Betroffene aktiv werden und sich entschließen, zum HNO-Arzt oder zum Hörakustiker zu gehen. Der Hintergrund: Hörprobleme stellen sich meist schleichend ein. Viele Betroffene bemerken nicht, dass ihr Hörvermögen allmählich schwindet. Andere verdrängen das Problem einfach, bis sie von Mitmenschen darauf hingewiesen werden.
So vergeht wertvolle Zeit, in der sich das Gehirn an das immer schlechter werdende Hören gewöhnt. Bestimmte akustische Signale werden vom Gehör nicht mehr aufgenommen und ans Gehirn weitergegeben. Mit der Zeit vergisst das Gehirn diese Signale, da sich im Hörzentrum die neuronalen Strukturen zu ihrer Entschlüsselung zurückbilden.
Menschen, die eine Versorgung mit Hörgeräten lange hinausgezögert haben, fällt deshalb die Umstellung oft schwer. Mit Hörgeräten nehmen sie plötzlich wieder Geräusche wahr, die sie jahrelang nicht mehr gehört haben: Vogelgezwitscher, Windrauschen, Fahrgeräusche, Hintergrundmusik - aber auch wichtige Bestandteile der menschlichen Sprache wie Konsonanten in bestimmten Frequenzbereichen.
Die wieder erlangte Hörwelt muss neu kennengelernt und erfasst werden, damit das Gehirn die Potenziale zur Entschlüsselung wieder aufbauen kann. So lernen die Betroffenen, wichtige von unwichtigen akustischen Informationen zu unterscheiden und wie früher das Gehörte auch zu verstehen.
Digitale Hörsysteme unterstützen diesen Prozess. Aus der Vielfalt der Höreindrücke selektieren sie automatisch wertvolle akustische Informationen wie Sprache und filtern Störgeräusche heraus. Auch Hörakustiker helfen an diesem Punkt, indem sie den Betroffenen bei Bedarf mit einem speziellen Hörtraining unter die Arme greifen und einer Überforderung durch die Flut der neuen Hörreize aktiv entgegenwirken. Die Phase der Gewöhnung an Hörgeräte wird auf diese Weise erheblich verkürzt.
Das Hörtraining beim Hörakustiker schließt unmittelbar an die Hörgeräte- Anpassung an und ist in der Regel innerhalb von sechs bis acht Wochen erfolgreich abgeschlossen.
In Deutschland haben 15 bis 20 Millionen Menschen ernsthafte Hörprobleme. Tendenz steigend. Betroffen sind nicht nur Senioren, sondern immer mehr Menschen mittleren Alters, junge Erwachsene und Jugendliche. Verantwortlich ist vor allem die zunehmende Lärmbelastung in unserer Umwelt. Rund 3,5 Millionen Menschen gleichen ihre Hörschwäche mit digitalen Hörsystemen aus.