Das Bild zeigt das Selbstbildnis eines der großen Künstler dieses Jahrhunderts, der berühmt wurde, weil er sich ein Ohr abschnitt, weil er zu Lebzeiten nur ein Bild verkaufte und seine Bilder heute zu Rekordsummen auf Auktionen versteigert werden.
Vincent Willem van Gogh, der am 30. März 1853 in Groot-Zundert als Sohn eines Pfarrers geboren wurde, wurde nur 37 Jahre alt, bevor er sein Leben so tragisch mit einer Kugel beendete, wie er es gelebt hatte, fernab von Ruhm, Begeisterung und Reichtum, die sich heute mit seinem Namen verbinden. Schon seine Geburt stand unter einem schlechten Stern. Auf den Tag genau ein Jahr nach dem totgeborenen Bruder geboren, erhielt er im Standesregister dieselbe Ordnungsnummer und dieselben Vornamen wie der Tote. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass er nur Ersatz für das erstgeborene Kind war, doch seine Liebe zum Vater, das Heimweh in der Fremde und die Rückkehr ins Elternhaus nach jedem Schicksalsschlag zeigen dass sich van Gogh in der Familie geborgen fühlte. Mit roten Haaren und Sommersprossen alles andere als ein hübsches Kind, zog er sich gerne in die Einsamkeit zurück und war so unauffällig, dass die Kunstwissenschaft, als sie kurz nach seinem Tode ihre Aufmerksamkeit auf den Künstler lenkte, Mühe hatte, jemanden aus Vincents Schulzeit zu finden, der sich an ihn erinnerte. Auch seine frühen Zeichnungen gingen nicht über das hinaus, was bei einem Kind seines Alters üblich gewesen war.
Nachdem er 1868 nach Abschluss der Internatszeit zu seinen Eltern zurückgekehrt war, begann für den fünfzehnjährigen Vincent die lange Zeit der Suche nach seiner Identität. Es ist schwer zu glauben, aber es fehlte ihm an jeglicher Begabung, und bevor er allein durch seine unermessliche Willenskraft zu seinen zu Lebzeiten kaum anerkannten künstlerischen geändert Rechtschreibung / Grammatik Höchstleistungen kam, scheint sein Leben eine lange Geschichte des Versagens in allen Bereichen zu sein.
Die Geschichte seines Leidens wird detailliert durch Vincents regen Briefwechsel mit seinem geliebten, vier Jahre jüngeren Bruder Theo, der Vincent sein Leben lang finanziell unterstützte, festgehalten. Theo war es auch der seinen Bruder 1882 nach einer Reihe von Fehlschlägen im Beruf und in der Liebe zum Malen ermutigte, obwohl dieser zunächst wenig Lust und noch weniger Talent zeigte.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Vincent van Gogh sechs Jahre in der Kunstgalerie Goupil & Co in Haag, in London und Brüssel gearbeitet, bevor er 1876 sein Entlassungsgesuch einreichen musste. In den folgenden sechs Jahren war er in relativ kurzer Abfolge Hilfslehrer, Hilfsprediger und Buchhändler, scheiterte an der Aufnahme in die theologische Fakultät der Universität und dann an der Probezeit in einer Methodistenschule und wird schließlich nach sechs Monaten als Evangelist in Wasmes entlassen, da er laut seines Vorgesetzten die Priesterwürde untergraben hätte. In diesen Jahren verliebte er sich zweimal in Frauen, die ihn abwiesen, bevor er 1882 mit einer ehemaligen Prostituierten zusammenzog, von der er sich bereits nach wenigen Monaten wieder trennte. Zwei-Jahre später versuchte sich die einzige Frau, die sich je in van Gogh verliebte, zu vergiften, weil ihre Familie einer Heirat mit ihm nicht zustimmte.
Sein Pech in der Liebe und sein Versagen im Beruf brachten ihn vermutlich endgültig zur Kunst, da er verzweifelt nach einem Sinn in seinem Leben suchte. Bereits Ende 1897, nachdem er seinen Posten als Evangelist aufgeben musste, begann er systematisch mit verbissener Arbeitswut und Geduld zu zeichnen, bis er dann 1882 zum Malen kam. Herbert Frank, ein Biograph van Goghs bemerkte: »Vincent van Gogh bildete sich nicht ein, Vincent van Gogh zu sein, er schuf Bilder, weil es ihm nicht gegeben war, Kinder zu zeugen, er verschrieb sich der Kunst, weil sein Leben nicht gelang.«
Dennoch zeigte sich van Gogh nie als großer Künstler, sondern fühlte sich eher mit den einfachen Menschen verbunden, wie mit seinem Farbenhändler Tanguy und denen, die sich von ihm malen ließen, ohne seine Kunst zu verstehen. Bauern und Landarbeiter waren häufige Themen in van Goghs Frühwerk. Dies und seine Einstellung zur Kunst trennten ihn auch von anderen Künstlern, obwohl er gerne in einer Gemeinschaft gearbeitet hätte. Er glaubte, dass Bilder Lebenshilfe seien, und dass man sie, anstatt in teuren Ausstellungen einem elitären Publikum zu präsentieren, malen und reproduzieren sollte, um das Leben und die Häuser der Armen zu erhellen. Beeinflusst durch die französischen Impressionisten, hellte sich auch van Goghs Palette auf. Auf der Suche nach einem eigenen Stil und Ausdruck malte er alles, was er sah: Blumenstücke, Städtebilder von Paris, Stillleben, Porträts und Selbstporträts. Als Vincent 1888 nach Arles kam, hatte ihn sein Leben in Armut und Einsamkeit bereits stark zermürbt und seine Gesundheit angeknackst, und dennoch schuf er hier in der südlichen Welt der Wärme und des Lichts die herrlichsten Bilder. Erschöpfte alle ihm zur Verfügung stehenden und hart erarbeiteten Malverfahren aus, um die gewünschte Wirkung zu erzielen, fügte sie zu fast abstrakten Farbsymphonien, obwohl er nie das Gegenständliche verließ.
Aber zu der Zeit, in der sich van Goghs Meisterschaft entfaltete, manifestierte sich auch seine Krankheit in Anfällen und Halluzinationen bis zur Ohnmacht. Bei seinem ersten Anfall schnitt er sich einen Teil seines Ohres ab und brachte es stolz einer Prostituierten. Er wurde ins Hospital gebracht. Wenige Monate später, im Mai 1889 ließ er sich, um sich und andere zu schützen, für ein Jahr in der Irrenanstalt von Saint-Remy internieren, wo er jedoch weiterhin zwischen den Anfällen malte und sich die für sein Spätwerk typische spiralförmige Linienführung aneignete. An die Stelle der Sonnenblumen traten Zypressen und Olivenbäume, die er von seiner Zelle aus sehen konnte.
Im Mai 1890 verließ van Gogh die Anstalt, um ohne Begleitung nach Paris zu fahren und von dort nach Auvers-sur-Oise, Am 27. Juli gab er einen Schuss gegen sich ab. Er starb zwei Tage später, seinen geliebten Bruder an seiner Seite, der ihm schon sieben Monate später nachfolgte.
Vielleicht sieht man den Mann auf dem Titelblatt jetzt mit etwas anderen Augen, aber van Goghs Bilder tragen selten autobiographische Züge. Er malte sich selbst meistens nur aus Mangel an Modellen, und die Werke, die er im Süden Frankreichs schuf, strotzen vor Kraft und Lebensfreude, lassen auf einen Künstler schließen, der beim Anblick der Natur tiefes Glück empfand und nicht bis zu seinem Tode von Krankheit, Geldnot und Einsamkeit erdrückt wurde. Die Tragik seiner Existenz warf kaum je einen Schatten auf seine Bilder.